Erfolgsgeschichten mit Lucy und Elena
1/ War bei dem Projekt zur Förderung neurodivergenter Kinder eine Aufräumaktion in der Schule notwendig?
Bei unserem ersten Besuch war da noch eine Menge an Spielzeug und alten Möbeln, aber die Schule hat sich darum gekümmert. Mein Ziel war es, einen Raum zu gestalten, der nicht überfordert – mit weniger Spielsachen, um eine beruhigende Umgebung zu erzeugen. Das geschieht bewusst, um die Fantasie und Neugier der Kinder anzuregen. Offene Flächen und möglichst wenig Unordnung tragen dazu bei, dass sie sich in einem Raum wohler fühlen.
2/ Was ist zum Einsatz von Klang und Musik in diesem Raum zu sagen?
Die Gestaltung der akustischen Umgebung muss flexibel sein. Ständige Musikbeschallung führt bei manchen Kindern zu Reizüberflutung, während andere sie als angenehm empfinden. Es wurden Lautsprecher installiert, und das interaktive Lichtspiel wurde so konzipiert, dass es auf Geräusche reagiert – ein Konzept, das auf viel positive Resonanz gestoßen ist. Das Hauptaugenmerk liegt darauf, den Kindern die Möglichkeit zu geben, akustische und visuelle Reize auf ihre individuelle Weise zu erleben.
3/ Sie haben die Farbwahl bereits ausführlich beschrieben. Können Sie auch auf die Verwendung von Mustern bei der Gestaltung für neurodiverse Kinder eingehen?
Wir haben Muster ausgewählt, die eine Verbindung zur Natur herstellen, beispielsweise Tapeten mit einer Rindenstruktur und ein sanftes Aquarell-Wandbild mit Waldmotiven. Beide wirken spielerisch, ohne überladen zu sein. Die organischen Formen und sanften Farben schaffen eine beruhigende Atmosphäre, da sie keine strengen Linien oder Winkel enthalten.
4/ Worauf sollten Designerinnen und Designer bei der Planung zukünftiger Projekte in Bezug auf die Farbgestaltung achten?
Farben müssen zweckgerecht zum Einsatz kommen. In vielen Fällen können sie dazu dienen, in einem Raum verschiedene Bereiche zu definieren. Kräftige Farben zum Beispiel eignen sich gut für Zonen, in denen Zusammenarbeit gefördert werden soll, während in Entspannungsbereichen ruhigere Töne besser wirken. Es ist zu berücksichtigen, wie Farben die Stimmung, das Wohlbefinden und auch die Verweildauer in einem Raum beeinflussen. Helle, lebendige Farben sind wirkungsvoll, sollten jedoch mit Bedacht eingesetzt werden und die Umgebung nicht überfrachten.
Technologien und Innovationen mit Amar Alnemer
1/ Ist die Verbesserung beim KI-Rendering auf neuere Versionen oder auf die Eingaben der Benutzer zurückzuführen?
Die Qualität von KI-generierten Bildern hängt eher von den Eingaben des Benutzers als vom Tool selbst ab. Es ist genau wie bei traditioneller Software wie 3ds Max oder V-Ray: Die KI ist ein Werkzeug, das die Kreativität fördert, aber sie nimmt keinem den Arbeitsplatz weg. Man muss lernen, die Ausgabe zu steuern, indem man Blickwinkel, Lichtsetzung und andere Einstellungen anpasst. Mit etwas Übung kann jeder die gleichen Ergebnisse erzielen, da das Tool für alle gleich ist.
2/ Welche Weiterentwicklungen in der Technologie wird es Ihrer Meinung nach geben, die die Verwendung von Farben in der Raumgestaltung beeinflussen?
Zum jetzigen Zeitpunkt ist die KI noch nicht in der Lage, ein Bild genau so erzeugen, wie man es sich vorstellt. Sie kann dem aber durch detaillierte Prompts schon sehr nahekommen. Für die Zukunft erhoffe ich mir, dass wir mithilfe der KI präzise Bilder erzeugen und aus diesen Bildern dann direkt die entsprechenden 3D-Modelle generieren können. Auf diese Weise ließe sich der Übergang vom Konzept zur Produktion optimieren, da die Entwürfe nicht noch einmal neu gezeichnet werden müssen.
3/ Ist die Farbwahl in der Neuroästhetik kulturabhängig oder universell?
Die Farbwahl in der Neuroästhetik wird sowohl von universellen als auch von kulturellen Faktoren beeinflusst. Auf der einen Seite lösen bestimmte Farben bei allen Menschen ähnliche biologische Reaktionen aus – so hat zum Beispiel die Farbe Rot häufig einen belebenden Effekt, während Blau eher beruhigend wirkt. Diese Reaktionen haben mit unserer neurologischen Grundkonstitution zu tun. Zum anderen spielt auch der kulturelle Kontext eine wichtige Rolle dabei, wie wir Farben interpretieren und emotional auf sie reagieren. Die Farbe Weiß zum Beispiel steht in vielen westlichen Kulturen für Reinheit, in Teilen Ostasiens dagegen ist sie ein Symbol der Trauer. Diese kulturellen Bedeutungen prägen unsere emotionalen Reaktionen auf Farben und unser ästhetisches Farbempfinden. Kurz gesagt, es gibt zwar universelle Aspekte bei der Wahrnehmung von Farben, aber kulturelle Unterschiede haben einen großen Einfluss darauf, wie Farben erlebt und im Design verwendet werden.
4/ Wie schafft man es, als Designer:in bei der Integration neuer Farbmanagement-Technologien auf dem neuesten Stand zu bleiben?
Designschaffende können bei der Integration neuer Farbmanagement-Technologien am Puls der Zeit bleiben, indem sie sich aktiv mit neuen Tools wie KI-gesteuerter Software und Farbkalibrierungssystemen auseinandersetzen. Nehmen Sie regelmäßig an Workshops teil, lesen Sie die aktuellen Branchenpublikationen und probieren Sie die neuesten Innovationen in realen Projekten aus, um Ihre Fähigkeiten zu trainieren und auf dem neuesten Stand zu halten. Wenn Sie offen für Veränderungen sind und neue Technologien in Ihren Arbeitsablauf integrieren, können Sie als Designer:in wettbewerbsfähig bleiben und auf neue Trends reagieren.
Farb- und Designpsychologie mit Karen Haller
1/ Warum sollten Designschaffende die Farb- und Designpsychologie bereits in einem frühen Stadium des Prozesses einbeziehen, und wie wirkt sich dies auf den Erfolg eines Projekts aus?
Farbe wird häufig erst im Nachgang berücksichtigt und als reines Dekorationselement betrachtet. Wenn wir uns jedoch bewusst machen, dass Farben menschliches Verhalten beeinflussen können, wird offensichtlich, dass sie von grundlegender Bedeutung sind. Gestaltet man einen Raum von Anfang an im Hinblick auf ein bestimmtes Nutzerverhalten, dann wird die Auswahl der Farben, Materialien und Oberflächen automatisch darauf ausgerichtet. Diese Herangehensweise ist logisch und messbar, sodass die Auswahl nicht „auf gut Glück“ erfolgen muss und bessere Projektergebnisse erzielt werden.
2/ Was halten Sie vom sog. „Colour Drenching“?
Beim Colour Drenching sind Wände, Böden, Decken und sogar die Möbel im selben Farbton gehalten. Es ist ein gewagter Trend, der einen immersiven und eindrucksvollen Effekt erzeugt. Je nach Farbe, Sättigung und Kontext ruft Colour Drenching starke Emotionen hervor. Es kann für einen Wow-Effekt sorgen und eine unmittelbare Wirkung erzielen, was aber nicht unbedingt heißt, dass es langfristig zum emotionalen Wohlbefinden beiträgt. Für Menschen, die Schwierigkeiten mit dem Unterscheiden gleichfarbiger Flächen haben, kann Colour Drenching zudem ein Sicherheitsrisiko bedeuten. Es stellt sich also die Frage, ob dieser Trend die Kriterien der Inklusion erfüllt.
3/ Welche Farben, Farbnuancen oder Schattierungen empfehlen Sie für einen neurodivergenten Jugendlichen?
Es ist toll, dass Sie sich Gedanken darüber machen, wie Sie einen neurodivergenten Teenager mit Farben unterstützen können. Eine einzige Lösung, die allen gerecht wird, gibt es allerdings nicht. Um es mit den Worten von Dr. Stephen Shore zu sagen: „Kennt man einen Menschen mit Autismus, dann kennt man genau einen Menschen mit Autismus.“ Beim Design für neurodivergente Menschen ist es genau das Gleiche. Was für die eine Person hilfreich ist, muss nicht unbedingt auch für die andere Person funktionieren. Jeder Mensch hat seine eigenen, einzigartigen Bedürfnisse. Bei meiner Methode, wie ich sie in diesem Webinar vorgestellt habe, werden von einem interdisziplinären Team zunächst Informationen gesammelt. Anschließend biete ich eine Beratung hinsichtlich der Farbpalette und des Designstils, welche die spezifischen Bedürfnisse des Teenagers am besten erfüllen, und stütze mich dabei auf die angewandte Farb- und Designpsychologie.
4/ Warum erzeugt Blau ein stärkeres Gefühl von Geräumigkeit als Rot? Liegt das daran, dass die Farbe etwas Vertrauenerweckendes hat?
Hellblau erweckt aufgrund seiner Helligkeit den Anschein von mehr Raum. Rot dagegen wirkt intensiver und zieht die Aufmerksamkeit auf sich, da seine Wellenlänge schneller zu uns vordringt. Tatsächlich wirkt nicht die Farbe Blau an sich weiträumiger, doch hellere Farben erzeugen die Illusion von Geräumigkeit. Rot hingegen hat eine aufmerksamkeitserregende Wirkung.
5/ Wie können wir größere Räumlichkeiten wie Büros oder Hotels gestalten, wenn man bedenkt, dass Menschen sehr unterschiedlich auf Farben reagieren? Was den einen begeistert, ist dem anderen ein Dorn im Auge.
Es ist wichtig, dass Sie Ihren Zielmarkt verstehen. Jedes Hotel und jede geschäftliche Räumlichkeit hat andere Ziele und eine andere Klientel – einige wünschen sich eine entspannte, andere eine dynamische Atmosphäre. Das Design sollte auf das gewünschte Verhalten der Besucher abgestimmt sein, je nachdem, ob sie länger bleiben, sich belebt oder entspannt fühlen sollen. Gestalten Sie das Farb- und Raumdesign so, dass die Ziele, die der Kunde mit dem Raum verfolgt, erreicht werden.
6/ Es herrscht die allgemeine Auffassung, dass Blau eine beruhigende Farbe sei. Aber trifft das auch auf Dunkelblau zu?
Dunkelblau strahlt nicht unbedingt Ruhe aus. Wie beruhigend die Farbe Blau wirkt, hängt von der Sättigung ab: Hellere Blautöne werden im Allgemeinen als beruhigend empfunden, während dunklere Blautöne einen intensiveren Effekt haben können.
7/ Welche Fehleinschätzungen gibt es bei der Verwendung von Farben im Design und wie kann die angewandte Farb- und Designpsychologie helfen, diese zu korrigieren?
Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass bestimmte Farben „neutral“ wären. Aber neutrale Farben gibt es nicht. Rosatöne zum Beispiel wirken nicht grundsätzlich beruhigend – kräftige Rosatöne wie Magenta oder Barbie-Rosa können vielmehr eine anregende Wirkung haben. Auch Grün und Blau gelten als beruhigend und entspannend, aber auf Limettengrün und Türkis trifft dies nicht zu, da sie zu viel Gelb enthalten. Für das Schlafzimmer zum Beispiel sind diese Farbtöne ungeeignet. Eine weitere falsche Vorstellung ist kategorisiert Grau als eine elegante Farbe – viele Menschen empfinden Grau aber als anstrengend. Die Designpsychologie bietet hier Unterstützung, denn sie legt dar, wie Farbe, Beleuchtung und Kontext die Emotionen und das Verhalten beeinflussen. Auf diese Weise stellt sie sicher, dass Räume ihrer beabsichtigten Funktion entsprechen.
8/ Stimmt es, dass Farben mit geringer Sättigung beruhigend wirken und einen länger im Raum verweilen lassen?
Farben mit geringer Sättigung, wie z. B. helle Rosa- oder Blautöne, können eine beruhigende Wirkung haben. Ihre Wirkung hängt jedoch auch von den persönlichen Vorlieben sowie vom Kontext ab. Man kann mit ihnen eine beruhigende Umgebung gestalten, doch das ist noch keine Garantie dafür, dass Menschen sich dort länger aufhalten möchten. Manche empfinden gedeckte Farben vielleicht als unattraktiv. Es gibt hier keine allgemeingültige Antwort, denn es kommt auch darauf an, wie die jeweilige Farbe mit anderen Designelementen und den Vorlieben des Einzelnen zusammenspielt. Die emotionale Wirkung von Farben ist komplex, genau wie wir selbst.
Erfolgsgeschichten mit Lucy und Elena
1/ War bei dem Projekt zur Förderung neurodivergenter Kinder eine Aufräumaktion in der Schule notwendig?
Bei unserem ersten Besuch war da noch eine Menge an Spielzeug und alten Möbeln, aber die Schule hat sich darum gekümmert. Mein Ziel war es, einen Raum zu gestalten, der nicht überfordert – mit weniger Spielsachen, um eine beruhigende Umgebung zu erzeugen. Das geschieht bewusst, um die Fantasie und Neugier der Kinder anzuregen. Offene Flächen und möglichst wenig Unordnung tragen dazu bei, dass sie sich in einem Raum wohler fühlen.
2/ Was ist zum Einsatz von Klang und Musik in diesem Raum zu sagen?
Die Gestaltung der akustischen Umgebung muss flexibel sein. Ständige Musikbeschallung führt bei manchen Kindern zu Reizüberflutung, während andere sie als angenehm empfinden. Es wurden Lautsprecher installiert, und das interaktive Lichtspiel wurde so konzipiert, dass es auf Geräusche reagiert – ein Konzept, das auf viel positive Resonanz gestoßen ist. Das Hauptaugenmerk liegt darauf, den Kindern die Möglichkeit zu geben, akustische und visuelle Reize auf ihre individuelle Weise zu erleben.
3/ Sie haben die Farbwahl bereits ausführlich beschrieben. Können Sie auch auf die Verwendung von Mustern bei der Gestaltung für neurodiverse Kinder eingehen?
Wir haben Muster ausgewählt, die eine Verbindung zur Natur herstellen, beispielsweise Tapeten mit einer Rindenstruktur und ein sanftes Aquarell-Wandbild mit Waldmotiven. Beide wirken spielerisch, ohne überladen zu sein. Die organischen Formen und sanften Farben schaffen eine beruhigende Atmosphäre, da sie keine strengen Linien oder Winkel enthalten.
4/ Worauf sollten Designerinnen und Designer bei der Planung zukünftiger Projekte in Bezug auf die Farbgestaltung achten?
Farben müssen zweckgerecht zum Einsatz kommen. In vielen Fällen können sie dazu dienen, in einem Raum verschiedene Bereiche zu definieren. Kräftige Farben zum Beispiel eignen sich gut für Zonen, in denen Zusammenarbeit gefördert werden soll, während in Entspannungsbereichen ruhigere Töne besser wirken. Es ist zu berücksichtigen, wie Farben die Stimmung, das Wohlbefinden und auch die Verweildauer in einem Raum beeinflussen. Helle, lebendige Farben sind wirkungsvoll, sollten jedoch mit Bedacht eingesetzt werden und die Umgebung nicht überfrachten.